Brandy Erfahrungen der süßen Art

Mit einem Ernährungsberater werde ich mich sicherlich nicht zu diesem Thema austauschen. Von den wohlfeilen Gesundheitsaposteln ganz verächtlich zu schweigen. Denn gleich zwei moderne Todsünden feiern hier und heute ein schwelgerisches Fest.

Da sind die Schokolade mit dem Zucker, dem Fett und obendrein eine hochprozentige Spirituose in Gestalt eines Brandy. Wer jetzt noch nicht aufgeschrien hat, kann getrost weiterlesen. Schlimmer wird’s nimmer, nur besser, richtig gut sogar. Vor dem Freudenfest aber erst einmal ein paar Basics.

Schokolade und Brandy, geht das wirklich zusammen? Max Fischer, Brand Ambassador von Carlos I. in Deutschland, und Schokoladenflüsterer Matthias Ludwigs wollten es wissen und luden zum frevelhaften Workshop in das „TörtchenTörtchen“ nach Köln. Auf dem Programm standen fünf Pairings, um das geschmackliche Spektrum der Kombinationen möglichst weitgreifend auszuloten. Ein im Amontillado-Fass gereifter Brandy zur Saint Domingue Schokolade mit 70 Prozent Kakaoanteil – klingt doch gut. Ist es auch. Dabei ist das Austarieren der beiden, sehr eigenständigen Geschmacksräume nicht einfach. Nicht, dass die Schokolade zu dominant erscheint oder der Brandy das Geschmacksgeschehen gänzlich bestimmt.
 


Brandy & Schokolade: Vorurteil & Vorkenntnisse

So erging es mir denn auch bei den ersten beiden Flights. Doch die Schokoladen-Pairings zum Carlos I. Imperial XO und zur Topqualität „1520“ haben mich komplett eingefangen. Wenn der Schmelz der Schokolade gemeinsam mit den Wallnuss- und Trockenfruchtnoten im Mund aufspielt, darf man auch mal die Augen schließen und einfach nur schwelgen. Wie die beiden Genusserzeugnisse in Sachen Säure und Frucht, spontanes Schmecken und langes Nachraunen zueinanderfinden, lässt sich mit anderen Pairings schwer vergleichen. Zumal selbst die üblich verdächtige Wein-Schokolade-Kombination mir bislang keine echte Begeisterung entlocken konnte. Und das hat einen ganz persönlichen Grund.

Anfangs war ich durchaus skeptisch, jedoch nicht, weil ich einen guten Brandy nicht zu schätzen wüsste. Im Fall von Carlos I. hatte ich mir aus alter Osborne-Vertrautheit sogar schon mal Vorkenntnisse angetrunken. Allein Schokolade ist für mich so eine absolute Alkoholbremse – am ausgeprägtesten bei Wein. Aber auch bei Spirituosen verdirbt sie mir eher den Spaß. Heißt im Umkehrschluss: Wenn ich Lust zu trinken habe, bleibt die Schokolade auf jeden Fall im Kühlschrank. Wahrscheinlich hat mich auch die Schoko-Brandy-Erfahrung im „TörtchenTörtchen“ nicht kuriert, obgleich ich schon ins schmeckende Grübeln gekommen bin. Doch mein Aha-Erlebnis verdankt sich eher den fein ausgetüftelten Pairings für diesen besonderen Tag. Max Fischer und Matthias Ludwigs hatten in der Vorbereitung augenscheinlich ihren Spaß und gleichfalls das eine oder andere Aha-Erlebnis. Mir war es ein Anstoß, aber ehrlicherweise wird es mit ähnlich ambitionierter Pärchenbildung für den schnöden Hausgebrauch oder die Happy Hour im Home Office schwierig. Da waren Profis zugange.
 


Das A & O der Fassreife: von Amontillado bis Oloroso

Vielleicht bin ich einfach ein Schokoladen-Agnostiker, auf jeden Fall zähle ich mich zu den Brandy-Aficionados. Für meine Geschmacksknospen war der Workshop ein Heimspiel für den Brandy. Der spanische Weinbrand gehört einfach zu meiner Spirituosenfamilie – wobei spanisch viel zu unpräzise ist. Alle Brandys von Carlos I. genießen als Brandy de Jerez das feinere Privileg einer geschützten geographischen Herkunftsbezeichnung. Was insbesondere an der Marke gefällt, wie – nicht dass – die Herausstellung der Fassreife die unterschiedlichen Qualitäten definiert. Die Vorbelegung des Fasses, das für die Reife genutzt wird, entscheidet nämlich maßgeblich mit. Es geht aber nicht nur um besser, sondern auch um anders.

Vorabgeschickt sei, dass die Regularien für einen Brandy de Jerez mindestens drei Jahre Reife im Fass vorschreiben. Alle Brandys von Carlos I. reifen per se mindestens vier Jahre im Holz. Das Fass selbst zählt mehr als die schiere Zeit der Reife. Der Fingerzeig gilt also den besonderen Fässern, die allesamt aus der Sherry-Reifung im Solera-System entstammen, darunter auch Exemplare, die über 100 Jahre zählen. Vom Whisky kennen wir den Kult um das Cask-Finish. In einem besonderen Fass, das meist mit Bourbon, Madeira, Portwein oder eben Sherry vorbelegt war, erhält der Whisky seinen letzten aromatischen Schliff. Der Brandy von Carlos I. reift jedoch die gesamte Zeit in den speziellen Fässern. Das macht den Unterschied, den man sich auf der Zunge zergehen lassen darf.
 


König, Kaiser, Edelbrandy

Die Top-Qualität im Carlos I.-Sortiment ist der „1520“. Das Datum bezieht sich auf den Kaiser Karl V., seit 1516 als Carlos I. König in Spanien und seit 1519 König des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nationen. Da wird also ganz schön aufgefahren mit Referenzen, doch der Blend aus besonders alten und kostbaren Fässern lässt einem nicht im Stich. Feuchtes Kakaopulver satt, dazu süße Noten und Kaffeeallerlei, die Trockenfruchtvarianten sehr dezent und im Abgang nochmals aufspielend. Im Finale zeigen sich auch die Fassnoten noch einmal unprätentiös und nobel. Das nenne ich mal einen Edelbrandy. Und der braucht keine Schokolade.

 


Michael Stolzke/ Auf ein Glas