Malmont: die Mär vom bösen Berg in Séguret

Weinberg Malmont

Die südliche Rhône ist mein zweites Weinzuhause. Grund genug, mit der VinoCaravana Nicolas Haeni von der Domaine Viticole Malmont einen Besuch abzustatten. Über Terroir mit Westausrichtung und einen Winzer mit überweinsinnlichen Fähigkeiten.

Von wegen Pech. Diesen Freitag den 13. muss man sich als einen glücklichen Tag vorstellen: Ich erwische Nicolas Haeni noch im Weingut, bevor er in Kürze nach Aspen, Colorado jettet, ich bekomme für die VinoCaravana einen Schattenplatz direkt neben Rebzeilen und für den Abend steht die Einladung zu einem Vortrag eines Oeno-Geologen in Sablet. Genau, wir sind an der südlichen Rhône in der Village-Appellation Séguret in Sichtweite der Dentelles de Montmirail. Weiter im Osten hat der Mont Ventoux Platz genommen und liefert die schönsten Profilansichten der Gegend. 

Nicolas Haeni und die Weine von Malmont habe ich vor vier Jahren während einer Pressereise kennengelernt. Ich erinnere mich noch an die Verkostung in einem Restaurant am letzten oder vorletzten Tag der Côtes-du-Rhône-Tour. Nachdem bereits einige Weine aus den verschiedenen Appellationen durch mein Glas und über den Gaumen gewandert waren, überraschten mich die Weißen und Roten von Malmont mit einer Eleganz und Lebendigkeit, die einfach hervorstach. Zudem waren es geniale Essensbegleiter damals – das ist auch im Gedächtnis hängengeblieben. Aus der Ferne und sozial-medial habe ich ab da verfolgt, was Malmont so macht, und natürlich Weine bestellt. Genauso so natürlich, dass ich Nicoas Haeni noch einmal wiedersehen wollte, um mehr über sein Wein Mindset zu erfahren. 

 

Terroir & so: kommunizierende Gefäße

Über Rebsorten und Boden reden alle gern, die Wein machen – verständlich, denn es ist das Alltägliche ihres Tuns und das Besondere ihrer Weine in einem Moment. Was macht der Boden einer Lage mit den Reben und Trauben? Wie wirken sich Höhe und Ausrichtung aus? Vor allem aber, wie gehe ich mit diesen Gegebenheiten um, damit bestmögliches Traubenmaterial gelesen wird. Das macht deutlich, zur Terroir-Formel aus Klima, Boden, Rebsorte und Vinifizierung gehört immer der helle, klare Verstand des Weinmachers dazu. Und seine Unbeirrbarkeit den Überlegungen zu folgen. Da fängt letztlich Stil an.

Hinter all diesen Punkten kann man bei Nicolas Haeni und seiner Domaine Viticole Malmont getrost einen Haken machen. Wenn er laut über seinen Weinberg, den Mal-Mont, nachdenkt, ist spürbar, wieviel Gedankenrunden die Sätze vorher absolviert haben. Da hat jemand sehr lange beobachtet und überlegt. Zudem wird deutlich, wie sehr er in der Materie wurzelt, die seinen Beruf und seine Leidenschaft ausmachen – denn auch die braucht es, um gute Weine zu machen. Also noch ein Haken. Der Mann ist ein Weinberg-Versteher, ein quasi mit Boden und Reben kommunizierendes Gefäß im Dienste des oft beschworenen Terroir-Weins.
 

Malmont: schlecht ist richtig gut

Etwas abseits des alten Weges durch den Wald zwischen Séguret und Vaison-la-Romaine liegt der Weinberg mit dem trügerischen Namen Mal-Mont, der schlechte Berg. Den trägt er, weil er sehr steil ausfällt und zudem der Boden sehr steinig ist. Schwer zu bearbeiten also, aber für den Weinbau eine Art Erste Lage. An den unteren Teil des Weinbergs grenzt der Wald, die Rebzeilen weiter oben haben viel Sonne und Luft. Er zeigt sich mit seiner West-Ausrichtung von der kühlen Seite und es sind immerhin 300 bis 360 Meter über dem Meeresspiegel zu verbuchen. Also komplett anders als die weitestgehend flachen Appellationen wie Plan de Dieu oder auch Châteauneuf-du-Pape, die näher an der Rhône liegen.

Nicolas Haeni erwirbt 2011 letztlich einen Berghang des Malmont von 4,5 Hektar, um seine Idee eines Weinguts zu verwirklichen, aber längst keinen fertigen Weinberg. Die Lage lässt er aufwändig terrassieren und schafft so ganz unterschiedliche Plots für die verschiedenen Rebsorten. Den eingefangenen Regen möglichst lange über die Terrassen zu führen, lautet ein weiterer Gedanke bei der Planung der Terrassen. Dabei ist es Weinbergs-Architekt Haeni wichtig, dass zuerst abgetragener Boden auch wieder obenauf kommt – um die typische Schichtung des Bodens zu erhalten und Ungleichmäßigkeiten innerhalb einer Terrasse zu verhindern. Bevor also nur eine Rebe gesetzt ist, hat er schon lange mit dem Boden gesprochen.

Rebsorten: Rhône-Mix und Ende offen 

Es geht um Terroir & Malmont, aber auch um die AOC Séguret Côtes du Rhône Villages. Der gemeinsame Nenner findet sich in den Rebsorten der Domaine Viticole. Die zählen zum Stammpersonal an der südlichen Rhône: Marsanne, Rousanne, Viognier stehen auf der weißen Seite, an roten Rebsorten sind es Grenache und Syrah – keine Überraschungen also. Mourvèdre fühlt sich am Malmont nicht richtig wohl und Cinsault ebenso wenig. Damit ist das Rebsorten-Set gefunden, selbst wenn sich die Anteile der Sorten in Zukunft noch verändern mögen.

 

Und dann gibt es noch die Idee, mal mit einer fremden Rebsorte zu experimentieren, die noch besser mit heißen, trockenen Sommern klar kommt. Dabei denkt Nicolas Haeni zum Beispiel an den portugiesischen Touriga Nacional – aber da sind die kommunizierenden Gefäße noch nicht am Ende ihres Austausches.

Und jetzt: das Wetter

Mitte Juni und bereits deutlich über 30 Grad – so ist 2025. Klimawandel ist wie überall ein Thema. Allerdings, so Nicolas Haeni, habe es in den vergangenen Jahren im Frühjahr stets genug Niederschlag gegeben, damit es die Reben gut durch den langen, trockenen Sommer schaffen. Natürlich hilft ihnen bei Hochtemperaturen – 2019 landete man hier im Juli bei 43 Grad – die Westausrichtung und im unteren Bereich der säumende Wald. Entscheidend ist aber die Laubarbeit, um die Trauben ausreichend zu beschatten. Ansonsten drohen Sonnenbrand und dahinschrumpelnde Beeren.

 

Sonnenbrand droht ebenso als wir durch die oberen Terrassen des Malmont gehen, aber die hoffnungsfroh wachsenden Syrah- und Grenachereben gewinnen der bereits am Vormittag prallen Sonne etwas Gutes ab. Seit 2022 ist das Weingut bio zertifiziert und so blöd es klingt: Man sieht es. Was hier an den Rändern und zwischen den Rebzeilen blüht und duftet mutet regelrecht idyllisch an. Umso mehr heißt es später im Jahresverlauf mähen, mähen und noch mal mähen, um die Wasserkonkurrenten für die Reben klein zu halten. Andererseits ist diese Vielfalt an Gräsern und Pflanzen auch ein Gütezeichen für den Boden.

Apropos Boden: Exkurs

Die berühmten Galets im Châteauneuf-du-Pape, die Sandstein und Kalkstein geprägten Böden, Kies, Lehm und Sand, die Dentelles de Montmirail und der Mont Ventoux: Wie all dies an der Rhône entstanden ist, erklärt mir am Abend Georges Truc – zumindest so weit mein Französisch reicht. Der über 80jährige Oeno-Geologe erzählt dafür die Erdgeschichte in Kurzversion mit Fokus auf Süd und Südost-Frankreich. Und alle machen mit: die Entstehung der Kontinente und tektonische Verschiebungen, Vulkanausbrüche und Urmeere, tropische Phasen, Artensterben und Gletscherschmelze. Ganz großes Geo-Kino und dazu gibt es Weine des Syndicat des Vignerons de Séguret. Der Zusammenschluss von rund 15 Weingütern der Appellation hat den Vortrag organisiert und etwa 60 Personen wollen wissen, was Monsieur Truc ihnen zu sagen hat. Dieser Zeitraffer der Erdgeschichte stimmt mich erfreulich demütig, zumal mich die Weine im irdischen Hier und Heute halten. 

 

Die Weine: endlich 

Ich bin eher so ein Trödler beim Verkosten. Doch es bleibt nach dem langen Gespräch im Weinberg nicht mehr viel Zeit für die sieben Weine, die Nicolas Haenis Sortiment ausmachen. Deshalb alles in Kürze.

Malmont Petit Blanc 2024

57 % Marsanne, 23 % Viognier, 20 % Rousanne
Ausschließlich im Stahltank ausgebaut und wie alle Weine der Domaine Malmot spontanvergärt. Schön gelbfruchtig an der Nase, aber eher zart, um dann mit wohltuender Frische und zusätzliche Zitrusaromen im Mund richtig aufzuwarten. Eine eher mineralische Frische, die sich ganz schön lang macht.

Malmont Blanc 2024

100 % Rousanne
Sein Rousanne-Porträt, meint Nicolas Haeni. Das heißt Vielschichtigkeit ist angesagt. Natürlich Handlese und Spontangärung, besonders lange Zeit auf der Hefe, Batonnage inklusive.
Etwa 80 % des Weins haben kurze Zeit in mehrfach belegten Barriques verbracht. Und vorab: für mich eine Rousanne Lehrstunde.
Die Nase wird sofort auf Entdeckungstour geschickt. Meine kommt bis zu den weißen Pfirsichen, den Mirabellen, Akazienblüten und der mineralisch-kräutrigen Grundierung. Im Mund mit angenehmer Fülle, ohne es zu übertreiben, denn die Aromenspielchen werden von der notwendigen Frische unterlegt – die wieder mineralisch wirkt. 

Malmont Rosé 2024

90 % Grenache, 10 % Syrah
Rund 85 % des Most werden direkt abgepresst, die restliche 15 %, vorwiegend Syrah, verbringen Zeit auf der Maische, aus der sie dann ausbluten – Saignée. Ein Rosé der Lebensfreude mit schönen Fruchtaromen, Erdbeersaft und etwas Himbeerhauch. Ebenfalls von diesem mineralischen Grundton getragen, der alle Malmont-Weine durchzieht: Soviel zum Terroir.
Mit seiner spürbaren Fülle und der begleitenden Frische sicherlich ein 1A-Essensbegleiter.

Malmont Petit Rouge 2022

59 % Syrah, 41 % Grenache
Einen Teil der Syrah-Trauben hat Nicolas Haeni früher gelesen, um die Frische der Frucht und die Säure mitzunehmen. Der restliche Syrah sowie der Grenache folgen in einem zweiten Durchgang. Dunkle Beeren und reife, schwarze Kirschen sowie pfeffrige Kräuternoten – irgendwie viel gute Rhône in der Nase. Bei aller Dichte schmeichelnd im Mund und mit dem gut eingebundenem Tannin auf dem Weg zu mehr Eleganz.

Malmont Rouge 2022

54 % Grenache, 46 Syrah
Im großen, kegelförmigen Holzfass vergärt, 23 Tage Maischestandzeit. Tatsächlich dreht der Rouge noch einmal an den Stellschrauben, die auch der Petit Rouge bedient. Ein klares Plus an Vielschichtigkeit, in der sich die Fruchtaromen zurückhaltender zeigen als beim „Kleinen“, obgleich das Kirsch-Plus des Grenache spürbar ist. Fast wichtiger sind die Kräutereindrücke, die waldig und warm ausfallen, dazu noch etwas Veilchen, natürlich auch Pfeffriges. Mit schöner Komplexität und sanften Tanninen gesegnet und einem geduldigen Finale. Klare Empfehlung, wenn es um weniger bekannte Rhône zum Vorzeigen geht.

Malmont Beaux Grains 2022

84 % Grenache, 16 % Syrah 
Nur 580 Flaschen gibt es vom Beaux Grains, in dem die besten Trauben des Jahrgangs stecken. In fünf Durchgängen werden sie per Hand gelesen, um gleichsam individuell den besten Zeitpunkt abzupassen. Versteht sich von selbst, dass dieser Wein den Malmont Rouge noch einmal toppt.  Bei allem starken Auftritt gibt er sich sanft und kitzelt noch mehr Eleganz hervor, ein Spagat, den auch das Tannin hinbekommt.  Allerdings mutet es nach Babymord an, denn der 2022er Beaux Grains hat seine besten Zeiten noch vor sich. So ab 2028 wäre gut, denke ich. Leider schwierig, an den Wein zu kommen.

Malmont Natur 2024

75 % Syrah, 25 % Grenache
Wir hatten zuvor über die große Blanc de Noir-Welle gesprochen, die über die deutschen Anbaugebiete zieht, aber auch international auffällt. Keine Option für Nicolas Haeni, aber dafür hat er sich etwas anderes einfallen lassen, den Natur. Einen im besten Sinne naturbelassenen Wein, der eben nicht viel bewegt wird, bei dem es nicht um Extraktion und große Finesse geht, sondern der einfach nur Wein sein darf. Anders ausgedrückt, der absolute Konter zum Beaux Grains. Nach dem Hochkaräter, geht der Malmont Natur geradezu als Erfrischungsgetränk durch. Das macht ihn so gefährlich, denn mit der anregenden Frucht, dem leicht Kribbeln auf der Zunge und bei der richtigen Temperatur besteht die Gefahr unbedachter Trinklust. Leider in Deutschland nicht zu haben.

Nachsatz mit 13 % Alkoholvolumen

Alkohol ist mittlerweile ja so ein Ding. Daher der Hinweis: Die Weißweine, der Rosé sowie der „kleine“ Rote und der Natur von Malmont kommen mit 13 % Alkoholvolumen aus, die gekonnt im Wein verschwinden. Selbst das Schwergewicht Beaux Grains landet bei „nur“ 14 %. Doch auch da spielt der Alkohol in der sensorischen Wahrnehmung keine nennenswerte Rolle.

 

Kontakt Weingut
Malmont - Domaine Viticole
585 Rte de Vaison
F-84110 Sablet  -  FRANCE
Tel: +33 (0)6 22 82 55 04
info@malmont.fr
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Michael Stolzke / Auf ein Glas